22.11.2022
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„Vollbesetzte Chiemgau Arena musste geräumt werden“

120 Beteiligte bei großem Test des Einsatzplanes „Biathlon“ – Führungsstrukturen wurden auf die Probe gestellt

Ruhpolding, Erlstätt, Traunstein. Im kommenden Januar ist es wieder so weit, die Weltelite des Biathlons gibt sich in der Chiemgau Arena ein Stelldichein und zehntausende Fans machen diese Großveranstaltung zu einem Event der Extraklasse. Für solche Veranstaltungen sind die Sicherheitsanforderungen entsprechend hoch und grundsätzlich wird bereits im Vorfeld alles unternommen, damit nichts Schlimmeres passieren kann. Wenn doch, sind allein auf Grund der vielen Personen die heimischen Hilfskräfte gefordert, die Schadenslage in den Griff zu bekommen, dazu gibt es eigenes einen Einsatzplan, den nun rund 120 Beteiligte für die Führungsebenen den gesamten Samstagvormittag (19.11.) getestet haben.


„Bei diesen Dimensionen reichen die alltäglichen Führungsstrukturen bei weitem nicht aus. Sollte es zu einem echten Schadensereignis in der Arena kommen, sind mehrere hundert Helferinnen und Helfer der Feuerwehren, aller heimischen Hilfsorganisationen, von Polizei, Gemeinde und Landratsamt im Einsatz“, informiert Kreisbrandinspektor Georg König, der für das Biathlon als Örtlicher Einsatzleiter vorgesehen ist. „Uns Feuerwehren war es daher ein Anliegen, die bestehenden Pläne auf Herz und Nieren zu testen. Deshalb haben wir diese Stabsübung zusammen mit der Gemeinde Ruhpolding organisiert“, so Kreisbrandrat Christof Grundner am Ende eines arbeitsintensiven Vormittags in der Übungsleitung, die bei der Feuerwehr-Führungsstelle „Chiemsee“ im Feuerwehrhaus Erlstätt angesiedelt war.


Angenommen war ein Feuer im Bereich des Hüttendorfes entlang der Arena. Das Feuer breitete sich rasch aus und griff auf mehrere Hütten über. Rund 20 Menschen wurden dabei verletzt. Auf Grund der starken Rauchentwicklung musste das Rennen abgebrochen werden und die mit rund 10.000 Besuchern besetzte Arena wurde geräumt. Tausende Menschen strömten entlang der geplanten Fluchtwege aus dem Veranstaltungsgelände, gerieten aber auch auf Zufahrtswege für die ankommenden Retter.


Die an allen Veranstaltungstagen unmittelbar an der Arena stationierte Sicherheitswache des Veranstalters, der Feuerwehr, sowie die rettungsdienstlichen Kräfte und die Bayerische Polizei haben dabei die Erstmaßnahmen übernommen und zur weiteren Unterstützung einen entsprechenden Aufruf für den Krisenstab sowie zahlreicher weiterer Kräfte veranlasst. „Es ist zwar kein einziges Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinhorn unterwegs gewesen, dennoch wurden die Strukturen und Kommunikationswege der Beteiligten auf eine harte Probe gestellt“, so Kreisbrandrat Christof Grundner, der den Übungsvormittag federführend ausgearbeitet hatte.
Beteiligt waren neben der Feuerwehr, die direkt an der Arena und in deren Einsatzzentrale im Feuerwehrhaus Ruhpolding Stellung bezogen hatte, Führungseinheiten des Bayerischen Roten Kreuzes, des Malteser Hilfsdienstes, der Bergwacht, der DLRG und der örtlichen Polizei. Eines der Übungsziele war es, die Kommunikationswege und den Informationsfluss bei Großschadenslagen zu optimieren und den bestehenden Einsatzplan, um die neuen Erkenntnisse zu erweitern. „Ein Einsatzerfolg ist bei derartigen Schadenslagen nur möglich, wenn allesamt an einem Strang ziehen und der Einsatz mit einer organisationsübergreifenden Einsatzleitung geführt wird. Dazu ist diese Art von Übungen Gold wert“, zeigt sich Georg König überzeugt.


Nachdem der sogenannte „Koordinierungsbedarf“ seitens des Landratsamtes festgestellt wurde, griffen Strukturen des Katastrophenschutzes und die Fäden liefen allesamt im Krisenstab unter der Leitung des Landratsamtes Traunstein zusammen. Zur Unterstützung war auch die Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung mit ihrem Führungsfahrzeug beteiligt, um die Kommunikationswege zwischen den Einsatzkräften, der Örtlichen Einsatzleitung und dem Landratsamt sicherzustellen. Im Landratsamt Traunstein ist die Führungsgruppe Katastrophenschutz rund um deren Abteilungsleiter Paul Huber zusammengetreten, um die „politisch-administrativen Aufgaben“ zu übernehmen und das Bürgertelefon zu besetzen.


Das Übungsszenarium war den eingesetzten Kräften nicht bekannt und wurde zeitversetzt „eingespielt“. Der Führungsstab der Örtlichen Einsatzleitung, mit sieben unterschiedlichen Sachgebieten, bildete sich aus den Mitgliedern der Feuerwehr-Führungsstelle „Achen“ sowie der Kreisbrandinspektion des Landkreises Traunstein, dem Veranstalter, der bayerischen Polizei, dem bayerischen Roten Kreuz sowie dem Veranstalter und dessen Sicherheitsdienst. 


Das etwa 15-köpfige Team rund um den Örtlichen Einsatzleiter Georg König sorgte für die Nachalarmierung weiterer Kräfte, die dann fiktiv aus dem gesamten Landkreis zusammengezogen wurden, bildete Einsatzabschnitte und teilte die Mannschaften ein. Zudem kümmerten sie sich um Treffpunkte für besorgte Angehörige, verfassten Pressemitteilungen und bereiteten eine Pressekonferenz vor. Gleichzeitig wurde die Verbindung zu Ämtern und Behörden hergestellt, damit man für alle auftretenden Probleme schnell einen Ansprechpartner hatte. „Uns wurde nicht nur ein Stolperstein zwischen die Beine geworfen und so mussten wir fast im Minutentakt auf neue Herausforderungen reagieren“, so die erste Einschätzung des Örtlichen Einsatzleiters nach Übungsende.


Für die Einspielungen zeigte sich ein etwa 20 Mann starkes Team in der Feuerwehr-Führungsstelle „Chiemsee“ im Feuerwehrhaus Erlstätt verantwortlich, diese stellten die Teilnehmer immer wieder vor neue Herausforderungen indem sie beispielsweise die Anzahl der verletzten Personen erhöhte, Staus auf den Zufahrtsstrecken einspielte, das geschaltete Bürgertelefon im Landratsamt mit Anfragen auf Trab hielt oder „Sensationsjournalisten“ überregionaler Medien einspielten, die eine große Story witterten und mit Nachdruck die Beteiligten forderten. Auf einer großen Karte wurden sämtliche Ereignisse dargestellt, um einerseits den Überblick zu behalten und andererseits auf die Reaktionen der Übungsbeteiligten zu reagieren.


Den gesamten Vormittag über waren die Akteure im Einsatz, um alle Übungsziele zu erreichen. „Derartige Schadenslagen sind eine Herausforderung für alle beteiligte Organisationen und auch die Übung hat zahlreiche wertvolle Erkenntnisse und Optimierungsmöglichkeiten geliefert, die wir hoffentlich niemals für einen Ernstfall brauchen werden“, so das Fazit des gesamtverantwortlichen Christof Grundner und ergänzt, „die Biathlonweltcuptage werden im kommenden Jahr wieder in gewohnter Weise und bestens organisiert über die Bühne gehen. Die Veranstalter haben alles für ein sicheres, vergnügliches und begeisterndes Sportevent getan und somit dürfen sich die Besucher unbesorgt auf die Wettkämpfe der Biathlon Weltelite freuen“.


Für alle Teilnehmer der Stabsrahmenübung endete der Tag bei einem von den Mitgliedern des Malteser Hilfsdienstes Traunstein zubereiteten und dem Landkreis spendierten gemeinsamen Mittagessen in der Aula der Schule in Ruhpolding. Hob

Text und Bilder
Hubert Hobmaier, Conny Kübler, Simon Endlicher